Geschwindigkeitsmessung mit dem TraffiStar S350 der Fa. Jenoptik – vielseitig, wendig, getarnt

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Post von der Verkehrsbehörde! Im Umschlag ein Schreiben der Bußgeldstelle mit einem unerwünschten Passfoto. Tatvorwurf: „Geschwindigkeitsverstoß“

In Gedanken oder in ein Gespräch mit dem Beifahrer verwickelt, ist man schnell mal zu flott unterwegs. Hinzu kommt, dass Geschwindigkeitsüberwachungssysteme immer häufiger vorkommen, optisch unterschiedlich gestaltet und inzwischen auch hervorragend getarnt sind.  Stationär als klassisch fest verbaute Blitzersäule, mobil aus einem Fahrzeug heraus oder auch im Stativbetrieb am Straßenrand. Aktuell sprießen vorwiegend die semistationären Messsysteme, getarnt als Blitzeranhänger sprichwörtlich wie Pilze aus dem Boden.

Mit dabei ist das TraffiStar S350 der Firma Jenoptik, welches bereits seit 2013 als stationäres Messgerät bzw. seit 2015 als semistationäre Variante oder mobil eingesetzt wird. Aufgrund seiner Flexibilität lässt sich das TraffiStar S350 auch nahezu an jedem Ort einsetzen.

Neben dem PoliScanspeed und PoliScan FM1 ist das TraffiStar S350 eines der Messgeräte, das auf  Basis der sogenannten LIDAR-Laser-Messtechnik arbeitet. Dabei wird zunächst der sogenannte Erfassungsbereich durch einen Laserscanner, in einem Bereich von ca. 50°, wie eine Art Laserteppich aufgefächert, in welchen das Fahrzeug ab ca. 70 m vor dem Standort des Messgerätes einfährt. Dabei ist das Messsystem in der Lage mehrere Spuren gleichzeitig zu erfassen und dabei zwischen Pkw, Lkw und Kraftrad zu differenzieren.

Abbildung 1 zeigt eine Skizze des Messprinzips des TraffiStar S350.

Wird ein Objekt im aufgefächerten Laserteppich registriert, so wird dieses so lange es sich im Erfassungsbereich des Lasers befindet verfolgt, was auch als sogenanntes Tracking bezeichnet wird. Der Laserscanner liefert dabei für jedes Objekt, das sich in seinem Erfassungsbereich befindet, genaue Entfernungs- und Winkelinformationen. Zur Ermittlung der Geschwindigkeit wird dann die Laufzeit der einzelnen Lichtimpulse vom Sender, zum Fahrzeug und wieder zurück gemessen.

In der Realität trifft der ausgesandte Laserstrahl also auf ein Fahrzeug, und wird in der Regel von dessen Kennzeichen reflektiert. Der reflektierte Laserstrahl wird dann im Empfänger des Scanners registriert und dem entsprechenden Winkelwert zugeordnet. Die Zeitdifferenz zwischen dem Aussenden des Lichtpulses und dem Empfang des reflektierten Pulses ist dabei immer proportional zur Entfernung des Fahrzeugs zum Laserscanner.

Da aus dem Winkelwert direkt auf die Erfassungsrichtung geschlossen werden kann, ergibt sich aus den beiden Informationen die konkrete Position des erfassten Fahrzeugs. Weiterhin kann aus den aufeinander folgenden, empfangenen Pulsen die Kontur des Fahrzeugs und aus deren Bewegung dann die Geschwindigkeit berechnet werden.

Da Geschwindigkeitsmessungen auf der vorbeschriebenen Basis zu den sogenannten standardisierten Messverfahren zählen, dürfen die Behörden und das Bußgeldgericht zunächst auch auf die Richtigkeit der Messergebnisse vertrauen. Standardisierte Messverfahren zeichnen sich dadurch aus, dass deren Abläufe so festgelegt sind, dass unter gleichen technischen Voraussetzungen auch gleiche Messergebnisse zu erwarten sind.

Sofern das Messgerät also entsprechend den Vorgaben des Messgeräteherstellers sowie der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) in Betrieb genommen wurde, muss das Gericht folglich nur bei begründetem Anlass von Messfehlern den Geschwindigkeitsverstoß genauer untersuchen. Es ist daher von besonderer Bedeutung, etwaige Fehlerpotentiale, falsche Bedienung und technische Auffälligkeiten fundiert herauszuarbeiten.

Ein verkehrsmesstechnisches Gutachten kann daher, einhergehend mit einer umfangreichen formalen und technischen Überprüfung, hilfreich sein.

Aus technischer Sicht ist zudem bei Messgeräten auf Basis der LIDAR-Laser-Messtechnik immer Vorsicht geboten, da diese die Gefahr einer Stufenprofil-Fehlmessung oder einer Fehlmessung durch Abgleiteffekte mit sich bringen.

Eine Stufenprofil-Fehlmessung kann beispielsweise dann vorliegen, wenn zwei vergleichbar gute Reflektoren an der Fahrzeugfront eines Fahrzeugs vorhanden sind, die sich in Strahllängsrichtung in unterschiedlichen Entfernungen zum Messgerät befinden. Trifft der Laserstrahl während der Messdauer zum Beispiel zunächst im Fernbereich auf eine stark reflektierende Oberfläche wie z.B. den  Frontscheinwerfer oder auf eine über den Beifahrersitz gehängte Warnweste und unmittelbar danach erst auf das vordere Kennzeichen, so springt der Laserstrahl sozusagen um eine Stufe weiter, was zu einer fehlerhaften Messung zuungunsten des Betroffenen führen kann.

Ähnlich lassen sich auch die Fehlereinflüsse durch Abgleiteffekte während einer Messung beschreiben, welche durch abgleitende Reflexionen an der Fahrzeugseitenwand, hin zum vorderen Kennzeichen, den Messwert verfälschen können.

Aus sachverständigen Sicht ist es daher ratsam, zunächst die Fotoposition über eine fotogrammetrische Bildanalyse auf Basis der Bestimmung des Fotofluchtpunktes überprüfen zu lassen. Kommt es infolgedessen zu einer Abweichung zwischen dem über die Fotogrammetrie errechneten Längsabstand und dem in der digitalen Falldatei hinterlegten Längsabstand, so wird ein Abgleich der Abweichung mit der Fahrzeugkontur des Betroffenenfahrzeuges im Hinblick auf eine fehlerhafte Messung für unumgänglich gehalten.

Durch das Auswerten der gesamten Messserie besteht zudem die Möglichkeit, etwaige zufällige Fehler von systematischen Fehlern im Hinblick auf die Messung des Betroffenen zu unterscheiden.

Abbildung 2 zeigt den Auswerterahmen bei falsch eingestelltem Rollwinkel. Die grüne Linie sollte hier parallel zur gelben Linien verlaufen.

Weitere Angriffspunkte kann zudem auch der in das Messfoto eingezeichnete Auswerterahmen bieten, welcher ähnlich wie bei  PoliScan Messgeräten eingeblendet wird, sich jedoch durch eine andere Formgebung differenziert und beim S350 weitaus strengeren Anforderungen unterliegt.

Abbildung 3 zeigt den Auswerterahmen mit den für die  Überprüfung der Vorgaben notwendigen Markern im Detail.

In der neusten Fassung der Betriebsanleitung des TraffiStar S350 sind die Anforderungen an den Auswerterahmen deutlich vereinfacht worden, was aus sachverständigen Sicht jedoch nicht nachvollziehbar ist. Daher sollte nach wie vor eine exakte Überprüfung mit fotogrammetrischer Vermessung vorgenommen werden, um etwaige Auffälligkeiten feststellen zu können, die dann entsprechend beurteilt werden müssen.

Zusammenfassend zeigt sich also, dass das Messgerät TraffiStar S350  sowohl formell als auch technisch allerhand Angriffsfläche bietet, um die gemessene Geschwindigkeit stichhaltig infrage zu stellen.

Wird Ihnen also ein Geschwindigkeitsverstoß gemessen mit dem TraffiStar S350 vorgeworfen, so wissen Sie nun, dass ein sogenanntes BLITZERGUTACHTEN, was sowohl die formalen als auch die umfangreichen technischen Überprüfungen beinhaltet, einen wesentlichen Beitrag zur Abwehr des gegen Sie erhobenen Tatvorwurfs leisten kann.

Werden die im Blitzergutachten dokumentierten Auffälligkeiten, wie etwaige Messfehler, dann im entsprechenden Ordnungswidrigkeitsverfahren durch den Betroffenen selbst oder durch den für ihn tätigen Rechtsanwalt ausdrücklich vorgetragen, so zeigte sich in der Vergangenheit, dass dadurch in vielen Fällen Punkte in Flensburg (FAER) vermieden oder ein drohendes Fahrverbot abgewendet werden konnte. Zudem kam es nicht selten auch zur vollständigen Einstellung des Verfahrens.

Daher zeigt unsere langjährige Erfahrung im Bereich der Verkehrsmesstechnik, dass die kooperative Zusammenarbeit zwischen fachkundigen Rechtsanwälten und Sachverständigen für Verkehrsmesstechnik immer noch die besten Chancen bieten, den erhobenen Tatvorwurf ganz oder teilweise zu entkräften.