Videonachfahrsysteme mit ViDistA-Auswertung – die Relevanz des 10%-Kriteriums

In Messtechnik by BlitzerGutachten

Die Verwendung des ViDistA-Systems (Video-Distanz-Analyse) stellt kein zugelassenes Messverfahren dar, vielmehr dient es dazu, Videos (z. B. ProViDa-Videosequenzen oder VDM-R Videodaten) auszuwerten.

Die Zulassungsbehörde in Deutschland, die physikalisch-technische Bundesanstalt in Braunschweig und Berlin (PTB), hat in einem Prüfschein (Nummer 1.23 – 3242.17 vom 17.9.1990) die grundsätzliche Eignung des Auswerteverfahrens bestätigt.

Die Grenzen des Messverfahrens sind jedoch erreicht, wenn Objekte vermessen werden, die eine geringere Größe aufweisen als 10 % der Bildschirmgröße. Das bedeutet, dass Messungen nicht nach dem ViDistA-Auswerteverfahren auszuwerten sind, wenn die Breite oder Höhe des Betroffenenfahrzeuges kleiner 10 % des Videobildes ist.

Die Einschränkung beruht auf einem nicht linearen Anstieg des Fehlers bei abnehmender Bildgröße des gemessenen Fahrzeugs. Die Auswirkungen der Abbildungsgröße auf die ViDistA-Analyse wurden beispielhaft in einem Nachrichtenbeitrag der Fachzeitschrift Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik (VKU) im April 2014 untersucht. Es wurde festgestellt, dass bei Objekten mit 10 % der Bildbreite eine deutliche Erhöhung des Verkehrsfehlers von 3 % erforderlich ist.

Der Bericht stellt die Ergebnisse einer Untersuchung mit zwei erfahrenen Messbeamten und zwei Sachverständigen dar, bei der Objekte zwischen 100 % und 10 % der Gesamtbildbreite exakt bestimmt werden sollten. Dabei sollten die Objekte möglichst genau vermessen werden. Der nicht lineare Anstieg der Fehleranfälligkeit wurde deutlich hervorgehoben.

Die PTB hat dies in mehreren Stellungnahmen bestätigt. Damit sind ViDistA-Auswertungen nicht vorzunehmen, wenn die Abbildungsgröße des gemessenen Fahrzeugs kleiner als 10 % der Bildmaße ist.

In einem aktuellen Fall wurde einem Betroffenen eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 64 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften vorgeworfen. Die Messung wurde auf einer Bundesautobahn durchgeführt, bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h.

Es ist wichtig zu beachten, dass bei Videonachfahrsystemen stets die Geschwindigkeit des Einsatzfahrzeugs ermittelt wird und nicht die des Betroffenen. Deswegen ist es notwendig, die Geschwindigkeit unter Abstandsmessungen auf den Betroffenen zu übertragen, was durch das ViDistA-Verfahren umgesetzt werden kann.

Bei dem aktuellen Fall wurde festgestellt, dass der Längsabstand zwischen dem Einsatzfahrzeug und dem Betroffenenfahrzeug signifikant reduziert wurde, was zur Folge hatte, dass die Geschwindigkeit des Einsatzfahrzeugs im Allgemeinen höher war als diejenige des Betroffenen. Diese Abstandsänderung ist bei Anwendung des ViDistA-Verfahrens nicht grundsätzlich problematisch, da diese herausgerechnet wird.

Aufgrund des hohen Längsabstandes zwischen dem Einsatzfahrzeug und dem Betroffenen konnte jedoch keine exakte Berechnung des Abstandes des Betroffenen durchgeführt werden, was dazu führte, dass der Abstand zwischen Einsatzfahrzeug und Betroffenenfahrzeug nicht hinreichend genau ermittelt werden konnte. D. h. es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die berechnete Geschwindigkeit zu hoch ausgefallen ist.

Hätte sich das Bedienpersonal des Einsatzfahrzeugs bei der Messung zurückfallen lassen, wäre die Messung zwar formell angreifbar, ein messtechnischer Fehler könnte jedoch durch die Abstandsvergrößerung kompensiert werden.

Aufgrund der Kombination aus Abstandsverkürzung und Nichteinhaltung der Nennbetriebsbedingungen konnte der Tatvorwurf nicht weiter aufrechterhalten werden.

Daher ist es ratsam, eine fachkundige Begutachtung der Messung durchzuführen, da nur so Fehler präzise zu identifizieren und offenzulegen sind.