Geschwindigkeitsmessung mit Vitronic PoliScan F1 HP – Verfahren eingestellt!

In Aus unserer Praxis, Messtechnik by BlitzerGutachten

In diesem Fall geht es um eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Messsystem „Vitronic PoliScan F1 HP“. Der Tatvorwurf: „25 km/h zu schnell“ bei einer zulässigen Geschwindigkeit von 30 km/h.

Die fachgerechte Prüfung des Messvorgangs durch unsere Experten für Verkehrsmesstechnik führt zusammengefasst zu folgenden Feststellungen:

Die Geschwindigkeitsmessung des Betroffenen erfolgte mit einem zur Tatzeit formell gültig geeichten Geschwindigkeitsüberwachungssystem Vitronic PoliScan F1 HP. Das Messsystem war zum Tatzeitpunkt mit der Software 3.7.4 ausgestattet.

Die Inbetriebnahme des Messgerätes soll gemäß Angabe nach Herstelleranweisung erfolgt sein.

Ein bedeutender Kritikpunkt ist die Aufstellhöhe des LIDAR, die mit 1,4 m Höhe die Herstellerempfehlung überschreitet. Dies bedarf einer rechtlichen Würdigung, da die zu hohe Anordnung des LIDAR sogenannte Stufenprofilfehlmessungen zur Folge haben kann, aus der falsche Geschwindigkeiten zu Ungunsten des Betroffenen resultieren können.
Die zulässige Höchstgeschwindigkeit soll auf 30 km/h beschränkt gewesen sein. Entfernungsangaben zwischen Beschilderung und Messstelle wurden keine gemacht.
Die Auswertung des Messfotos zeigt, dass die Herstelleranforderungen einer gültigen Messwertzuordnung eingehalten werden. Das Fahrzeug des Betroffenen ist als einziges Fahrzeug im zufließenden Verkehr im Messfoto erfasst worden. Die Auswertehilfe ist ordnungsgemäß vor der Fahrzeugfront abgebildet.  Die Unterkante der Auswertehilfe liegt unterhalb der vorderen Radaufstandspunkte und die zusätzliche Hilfslinie entspricht der Breite des amtlichen Kennzeichens.

Die Auswertung der Messdaten zeigt, dass eine ungewöhnlich hohe Varianz der Einzelmesswerte zu berechnen ist. Der vom Messsystem ermittelte Geschwindigkeitsmesswert soll 55 km/h betragen. Die Messwertbildung soll auf 804 Einzelmessungen beruhen. Von diesen 804 Einzelmessungen stehen dem Gutachter für die technische Überprüfung des Tatvorwurfs jedoch nur fünf Messdaten in Form von Entfernungswerten und Zeitinformationen zur Verfügung, was rund 0,6% der insgesamt erfolgten Einzelmessungen entspricht. Hieraus ist bereits erkennbar, dass sachverständigerseits nur eine sehr grobe Plausibilitätsprüfung und ein Vergleich der Ergebnisse vorgenommen werden kann.

Für exaktere Aussagen müsste der Messgerätehersteller verpflichtet werden sämtliche Messinformationen, die zur Messwertgenerierung beigetragen haben, in der Messdatei zu hinterlegen.

Aus der Sicht des Gutachters stehen zu wenig Anknüpfungsinformationen zur Verfügung, um die Korrektheit der Geschwindigkeitsmessung beweiswürdig nachvollziehen zu können.

Das Verfahren war noch bei der Bußgeldstelle anhängig. Der zuständige Anwalt konnte im Ergebnis erreichen, dass aufgrund der Einwände und Feststellungen des Sachverständigen für Verkehrsmesstechnik das Verfahren eingestellt wurde.